Hagia Sophia
Die «Hagia Sophia», oder Sophienkirche, befindet sich in Eminönü, einem Stadtteil im europäischen Teil Istanbuls. Seit 2020 wird sie wieder als Moschee genutzt. Von 1935 bis 2020 diente sie als Museum.

Vier Pfoten in Istanbul

 |  Hintergrund, Reisebericht

«Seit meiner Kindheit träume ich von Istanbul, der Stadt auf zwei Kontinenten. Erst Zentrum des oströmischen Reiches und Symbol des Christentums, dann Hauptsitz der Sultane, die bis 1923 regierten und sich früh dem Islam zuwandten. Schliesslich die Annäherung an den Westen und eine radikale Modernisierung des ganzen Landes – unter dem Einfluss des türkischen Offiziers Kemal Atatürk, erster Präsident der Türkei.»

Und zuletzt die jüngste Vergangenheit mit Präsident Erdogan. «Ein Rückschritt in die Vergangenheit?», fragt sich unsere Teamleiterin Regula König. Sie erfüllt sich ihren Reisetraum im Dezember 2023. Was es mit dem Titel ihres Reiseberichtes auf sich hat, erzählt Sie Ihnen ebenso in ihren Zeilen.


Aufgeregt und erwartungsvoll

Ich sitze am Flughafen Zürich und warte auf den Abflug. Ich bin aufgeregt und zugleich erwartungsvoll – nach vielen Jahren erfülle ich mir endlich den Traum einer Städtereise nach Istanbul, für mich ein Ort aus 1001 Nacht. Ich stelle mir die Stadt als lebendiger, kultureller Schmelztopf vor und freue mich schon auf die reiche Geschichte, welche die Stadt durchlebt hat.

Es ist zudem meine erste «richtige» Berührung mit dem Islam – ich werde zum ersten Mal eine Moschee betreten und ich bin gespannt, wie der Islam in der Türkei im 21. Jahrhundert interpretiert wird. 


Das Leben spielt sich draussen ab

Mein erster Eindruck der Stadt bestätigt viele meiner Erwartungen: Sie präsentiert sich laut und wuselig, mit chaotischen Verkehrsregeln, einem gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsnetz und gefühlt tausend Moscheen.

Die beleuchteten Minarette prägen die Silhouette und ich beobachte staunend die Fischer auf der Galata-Brücke, die neben dem brausenden Verkehr ihre Angeln auswerfen. Was mir besonders auffällt sind die vielen Terrassen und Aussensitzplätze der Cafés und Restaurants.

Es ist Dezember, die Temperaturen betragen zwischen 5 und 12°C, aber das Leben spielt sich hier trotzdem draussen ab – ich «oute» mich entsprechend als Touristin, weil ich mich drinnen an der Wärme hinsetze.


Die Stadt wird vertraut

In den nächsten Tagen erkunde ich die wichtigsten Sehenswürdigkeiten der Stadt, wie die Hagia Sophia, den Topkapi-Palast, die Zisterne, den Hippodrom, den Grossen und den Ägyptischen Basar, die Sultan-Ahmed-Moschee und natürlich das Archäologische Museum.

Zwischen Vergangenheit und Moderne balancieren

Yagiz, mein englischsprechender Guide, kennt die Stadt wie aus der Hosentasche. Er ist Atheist, hat Tourismus studiert und ist seit sieben Jahren Reiseleiter in Istanbul, seiner Heimatstadt. Er bringt mir nicht nur die spannende und abwechslungsreiche Geschichte dieser Metropole näher, er führt mich auch in die türkische Kaffee- und Teekultur ein.

Zudem erzählt er mir von den Schwierigkeiten, die seine russische Frau als Nicht-Muslimin in Istanbul erlebt und zeichnet insgesamt ein sehr komplexes, differenziertes Bild einer Stadt, die zwischen Vergangenheit und Moderne balanciert und den Anschluss an den wohlhabenden Westen, trotz vielen Versuchen, nicht geschafft hat.

Nach fünf Tagen intensiver Besichtigungen, einer Bootsfahrt auf dem Bosporus, unzähliger Fahrten im Tram und etwa 45 Kilometer Fussmarsch in den engen Gassen der Altstadt, ist mir diese zuerst recht unnahbar scheinende Grossstadt vertraut geworden.


Ein grosses Fragezeichen bleibt

Was hat es mit den vielen streunenden Katzen und Hunden auf sich? Überall sind Strassenhunde, oft in richtigen Rudeln, anzutreffen. Auf der Suche nach Essen streifen sie unbehelligt durch die Strassen und zwingen auch mal die Busse zu einer Notbremsung, wenn sie in aller Ruhe die Strasse überqueren.

Bei den Katzen ist es schon subtiler: Die eleganten Vierbeiner verstecken sich an den unmöglichsten Orten – so wäre ich bei einer Haltestelle beinahe auf eine gesessen, die es sich auf der Wartebank gemütlich gemacht hat. Sie sind auf den Hausdächern, bei den Eingängen von Cafés, in Treppenhäusern, unter Büschen und sogar in Moscheen anzutreffen.

Wohlgenährt

Eines morgens sehe ich, wie sie von den Einheimischen im Park gefüttert werden – das erklärt auch, warum sie alle so wohlgenährt aussehen, obwohl sie niemandem zu gehören scheinen.


Die Hunde sind geblieben

Daheim gehe ich diesem Rätsel nach. Aktuell leben zirka 200‘000 Hunde frei in der Stadt. Früher wurde ihr Fell zu Leder verarbeitet, daher waren die Hunde Teil eines lukrativen Industriezweigs. Mittlerweile werden aber synthetische Stoffe genutzt – die Hunde sind trotzdem geblieben.

Metzger verteilen Tierknochen an die Streuner und auch die Abfalleimer werden zur Nahrungsquelle.

Heilig und berühmt

Die Katzen hingegen galten im Islam schon immer als heilig und gehören mittlerweile fix zum Stadtbild Istanbuls. Zirka 125‘000 streunende Katzen leben in der Innenstadt und werden von den Einwohner*innen gefüttert, gestreichelt und zwischendurch verarztet.

Einige dieser Vierbeiner erlangten sogar Berühmtheit, wie zum Beispiel die Katze Gli, die in der «Hagia Sophia» geboren wurde und ihr ganzes Leben dort verbrachte. Oder der Strassenhund Boji, der täglich verschiedene öffentliche Verkehrsmittel nutzte, geduldig bei den Ampeln wartete und schliesslich von einem reichen Kaufmann adoptiert wurde.

Heute erfreuen sich aber vor allem Tourist*innen am Charme dieser Vierbeiner. Und auch ich konnte mich diesem nicht ganz entziehen …  


Istanbul individuell entdecken?


Regula König berät Sie gerne für eine individuelle Reise nach Istanbul. Eine von Expert*innen geführte Gruppenreise, bei der Istanbul Teil ist, haben wir aktuell nicht in Planung.