«Es sind die grössten Geschenke, die wir in den vergangenen zwei Jahren auf dem Meer bekommen haben: Begegnungen mit der Natur und ihren Bewohnern, sowohl an Land als auch über und unter dem Wasser», so unsere Expertin Karin Wenger. Gemeinsam mit ihrem Partner Alexander Kiermayer reist sie seit 2022 mit dem gemeinsamen Segelboot Mabul über die Weltmeere – und erzählt uns davon.
«Mit dem Wind»
In den letzten zwei Jahren sind wir von Grenada den Kleinen Antillen entlang nordwärts, dann über die Grossen Antillen bis nach Guatemala gesegelt. Dort arbeiteten wir in der Hurrikan Saison in der Werft an unserem Segelschiff «Mabul» und sind danach weiter nach Panama gesegelt.
Seit Herbst 2022 segelten wir also mehrere Tausend Seemeilen, flohen einmal mitten in der Nacht durch stürmische See vor Piraten, schauten unzählige Stunden ins Blau, tauchten und fischten mit kolumbianischen Fischern, die sich als Kokain-Schmuggler zu erkennen gaben, waren mehr als einmal kurz davor aufzugeben und machten dann doch weiter.
Wir lernten mit der Natur zu leben, zu segeln, wenn der Wind stimmte, uns still zu halten, wenn Flaute oder Sturm war. Wir lernten mehr zu sein und weniger zu tun, innezuhalten, zu beobachten. Die Natur und ihre Lebewesen waren uns dabei grossartige Lehrmeister, die auch bei uns von der Zivilisation Verschüttetes wieder freigelegt haben.
Wie kam es zur Auszeit in der Karibik?
Es war purer Zufall. Mit dem Segeln begannen wir im Sommer 2021 in Thailand. Wir wollten der Pandemie in Bangkok entfliehen und verbrachten den Sommer in Hua Hin, wo wir Segeln lernten. Im April 2022 ging Karins langjährige Asien-Korrespondenz für Radio SRF zu Ende und so beschlossen wir, eine Auszeit zu nehmen, kauften ein Segelboot in Grenada in der Karibik und tauften es auf den Namen «Mabul».
Wir waren blauäugig und naiv aber voller Vorfreude auf das Abenteuer. Ziemlich schnell merkten wir dann, dass ein Leben auf dem Segelboot wenig mit Gin Tonic-Trinken an Deck zu tun hat, sondern ein Boot ein wehleidiges «Mimöschen» ist, das permanente Pflege und Aufmerksamkeit braucht.
Was waren die grössten Herausforderungen?
Das Boot! Worte wie Korrosion, aber auch Motorschaden, Pumpen und Schrauben zogen inflationär in unseren Wortschatz ein. Das Meer und das Salzwasser sind unbarmherzig und kaum hatten wir ein Problem behoben, folgte das nächste. Wir mussten zweimal abgeschleppt werden und Alex lebte zeitenweise fast im Motorraum. Das hat uns manchmal fast zur Verzweiflung getrieben und wäre die Bootsgemeinschaft nicht gewesen, hätten wir vielleicht aufgegeben. Alle haben mit ihren Booten Probleme, alle sind auf dem Meer aufeinander angewiesen, alle helfen sich.
Es gab aber auch noch ganz andere Herausforderungen. Vor dem Bootsleben hatten wir ein komplett anderes Leben mit anderen Berufen und Rollen geführt, nun mussten wir zuerst einmal unsere Rollen finden. Anfänglich dachten wir noch, wir teilen uns alles 50:50 wie ein modernes Paar. Bald merkten wir, dass das eine Schnapsidee ist. Ein Boot braucht einen Kapitän und es machte wenig Sinn, dass sich Karin im Motorraum abmühte, oder Alex versuchte Spanisch zu sprechen.
Wir haben einiges an Lehrgeld gezahlt, aber inzwischen sind wir ein eingespieltes Team, deshalb haben wir uns entschieden weiterzusegeln. Im nächsten Jahr wollen wir über den Pazifik segeln, über den grössten aller Ozeane!
Mehr von Karin und Alex
www.sailingmabul.com
Podcast «BOATCAST MABUL»
Alle Bilder © Alexander Kiermayer und Karin Wenger