Spitzbergen Gletscher

Wale, das nördlichste Postamt der Welt und die Mitternachtssonne

Auszug aus dem Tagebuch der Background Tours-Spitzbergen-Expedition

Heute überrascht uns während des Frühstücks eine Schule von rund 50 schneeweissen Belugas, die am Ufer des Fjordes spielen. Sie sind etwas weiter entfernt, aber schon eine kleine Sensation: die lange Geschichte unseres Schiffes kennt erst vier Sichtungen von grösseren Schulen dieser bis sechs Meter langen, recht scheuen, hocharktischen Walart.

Erste Menschen auf dem Nordpol

Kurz nach acht Uhr legen wir dann an der kleinen Pier von Ny Alesund an. Dieser Ort verdankt seine Existenz dem Steinkohle-Bergbau seit 1901. Nach einer Serie von Grubenunglücken mit 76 Todesfällen wurde die Förderung 1963 eingestellt und die Gebäude ab 1968 sukzessive zu Forschungsstationen verschiedenster Nationen umgebaut. Im ehemaligen Lager gibt es ein recht informatives Museum zur Ortsgeschichte, daneben einen Laden mit Souvenirs und Büchern, rechts im Ort werden Schlittenhunde gehalten und links führt ein kurzer Spaziergang durch die Tundra zu einem Mast. Von dem aus brachte das Luftschiff Norge 1926 Roald Amundsen (Norwegen), Umberto Nobile (Italien), Lincoln Ellsworth und Oscar Wisting (USA) als erste Menschen nachgewiesenermassen zum Nordpol – bzw. darüber hinweg bis nach Alaska. 

Der Ort besitzt das nördlichste Postamt der Welt und die dreissig (Winter) bis 120 (Sommer) Personen, die hier wohnen, werden per Schiff oder über den Luftweg versorgt. Von Longyearbyen aus ist Ny-Alesund mit dem Schneemobil zu erreichen.

«Heute überrascht uns während des Frühstücks eine Schule von ca. 50 schneeweissen Belugas, die am Ufer des Fjordes spielen.»

Auch das Tierleben zeigt sich aktiv: Im Ort brüten Küstenseeschwalben, Weisswangengänse und Schneeammern, in einer Bucht räkeln sich einige Seehunde und auch das eine oder andere Polarfüchschen streunt neugierig herum.

Erster Talk und Nachmittagsprogramm

Es folgt ein erster Talk mit Reto Brennwald, der den Expeditionsleiter Arne Kertelhein und den Eisbärenwächter Peter von Sassen interviewt. Nachmittags erreichen wir den Lilliehöökfjord mit dem gleichnamigen Gletscher. Das Amphitheater der über acht Kilometer breiten Gletscherfront mit den gezackten Bergketten im Hintergrund bildet die Kulisse für unsere heutige Zodiac-Ausfahrt.

Mitternachtssonne, 40 Grad hoch am Himmel

Bis auf 250 Meter nähern wir uns den gewaltigen Eismassen. Wir hören das Eis im Wasser geheimnisvoll knacken, wenn die Luftblasen entweichen. Und wir bewundern die blaue Färbung der zerklüfteten Eistürme. Sie entsteht durch Reflexion des gebrochenen Lichts.

Dann teilt sich das Programm: der Grossteil von uns begibt sich auf eine zirka zehn Kilometer lange Wanderung vom Rand des Lilliehöök-Gletschers über dessen Seitenmoränen in ein weites Tal, das in einen anderen Seitenfjord mündet. Dorthin verholt auch unser Schiff derweil mit den weiteren Gästen.

Gegen Abend sind wieder alle an Bord. Das Wetter klart auf und wir geniessen die Mitternachtssonne, die jetzt auf unserer geographischen Breite nicht knapp über dem Horizont, sondern etwa 40° hoch am Himmel steht. Der Fjord liegt spiegelglatt, wie ein Ententeich, während die grandiose hocharktische Bergkulisse langsam an uns vorüberzieht.